Als sich diese Bemühungen als erfolglos erwiesen, bot sich als nachster Adressat for Herzls Plan der deutsche Kaiser an, damals der machtigste Verbündete der Türken. Deutschland war zu jener Zeit auf dem Höhepunkt seiner imperialistischen Bestrebungen angelangt. Dem Drang nach Osten war der Plan einer Eisenbahnlinie Berlin-Bagdad entsprungen mit dem Ziel, das Vakuum im Nahen Osten der deutsehen Machtsphäre einzuverleiben.

Bereits 1895 hatte Herzl an Bismarck geschrieben, falls der rechte Zeitpunkt für die Verwirklichung seines Programms noch nicht gekommen sei, er es der deutschen Regierung überließe, sich seiner zu bedienen, wann sie es für richtig erachte.

Während seines Besuches in der Türkei und im Heiligen Land begegnet Kaiser Wilhelm Herzl hoch zu Pferde am 2. November 1898 in der Nähe des jüdischen Dorfes Mikve-Israel an der Straße von Jerusalem nach Jaffa und empfängt ihn später in einem prunkvollen Zelt in Jerusalem. Herzl bat den Kaiser, Schutzherr der zionistischen Siedlungsorganisation in Palästina und Syrien zu werden. Wilhelm ging keinerlei Verpflichtung ein, drückte aber sein Wohlgefallen an den bereits bestehenden deutschen und jüdischen Kolonien aus. "Ihre Bewegung", sagte er, "enthält einen gesunden Gedanken."

Was konnte passender sein, als dem deutschen Kaiser die Aussicht auf die Errichtung einer europäischen Gemeinschaft in Palästina am Scheideweg des Orients zu eröffnen, die ein Vorposten deutscher Interessen und deutscher Kultur sein würde? Herzl war überzeugt, dass Deutsch die Sprache der neuen Gemeinschaft sein würde. (Er glaubte nicht an das außergewöhnliche Experiment, die hebräische Sprache, die zweitausend Jahre lang tot gewesen war, wieder zum Leben zu erwecken. Dieses Wunder, das in dem Plan der Zionisten nicht enthalten gewesen war, wurde erst zu einem wesentlichen Element der Bewegung, als die neuen Siedler in Palästina in ihrem Bestreben, ein Leben in den Fußstapfen der alten Israeliten zu führen, sich ihrer alten Sprachen, auch des Jiddischen, entledigten, die für sie das Leben in der Diaspora symbolisierten. Hebräisch, die Sprache, die in dem Lande entstanden und dem Arabischen, das dort gesprochen wurde, so ähnlich war, war das ideale Symbol ihrer Sehnsucht und ihres Strebens.) Der

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