Redeturnieren. Unter den ortsansässigen Rednern tat sich der Sohn Avigdor Grüns am meisten hervor, ein Junge, der bereits mit zwölf Jahren seine ersten Reden hielt. David Grün war Zionist. Warum? Möglicherweise, weil er in einer starken jüdischen Tradition stand und von da her sich eher zum Zionismus als zum Bolschewismus hingezogen fühlte, vielleicht auch, weil der Zionismus als radikalstes Mittel seine extremistische Natur besonders ansprach. Sei es, wie es wolle, für Ben-Gurion stand die nationale Revolution immer an allererster Stelle, und die soziale Revolution kam erst lange danach.

Für die jungen Juden in Osteuropa lautete die Botschaft des Zionismus zu jener Zeit - einer Zeit der Unruhe und der Pogrome: Geh ostwärts junger Mann. Und ostwärts ging er.

An einem schönen sonnigen Tag langte David Grün in der palästinensischen Küstenstadt Jaffa an. Es war schrecklich. Eine lebendige Darstellung dieser Erfahrung steht in seiner ersten halboffiziellen Biographie, Echad we-Doro (״Einer und seine Generation"), die von seiner schwärmerischen Verehrerin Bracha Chabas verfasst wurde. Diese Darstellung ist höchst bezeichnend und konnte nur von Ben-Gurion selber kommen, so wie diese Zeit sich ihm in seiner Erinnerung viele Jahre danach darstellte und wie er sie seiner Biographin erzählte. Sie muss für viele, die das gleiche erlebt haben, ihre ganze Einstellung gegenüber der Wirklichkeit in Palästina wiedergeben.

Hier war nun ein junger Mann von achtzehn Jahren, der bereits Erfahrungen in der Politik des Zionismus gesammelt, der jahrelang von Palästina geträumt und gesprochen hatte und sich nun seinen Küsten zum ersten Mal näherte. Vor ihm am Horizont zeichneten sich die Umrisse von Jaffa mit seiner Zitadelle und seinen Minaretten ab. In seiner Vorstellung war Palästina etwas ganz Reales, doch sein Palästina war eher ein Palästina derVergangenheit, Gegenwart und Zukunft, das keinerlei Ähnlichkeit mit dem hatte, dem er sich in wenigen Stunden gegenübersehen sollte. Sein Palästina der Zukunft war ein wunderbares Land der Freiheit und Gleichheit, der Wiedergeburt des jüdischen Volkes, die Utopie Herzls, in die die Träume des osteuropäischen Sozialismus eingegangen waren. Sein Palästina der Gegenwart war eine

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