Am 19. Juli 1953 erschien in den Zeitungen eine kurze Meldung, die niemanden sonderlich beunruhigte. Aus ihr ging hervor, dass BenGurion Urlaub genommen und Außenminister Moshe Sharett zum

stellvertretenden Ministerpräsidenten sowie Minister Pinchas Lavon zum stellvertretenden Verteidigungsminister ernannt habe. Keiner dachte auch nur im entferntesten daran, dass Ben-Gurions Urlaub fünf Monate währen und er danach aus dem Kabinett austreten würde.

Ben-Gurion selber hatte Freunden erzählt, dass er einer Ruhepause bedürfe, um geistig wieder fit zu werden. Er wolle sich in die abgelegene Wüstensiedlung Sdeh Boker im Negev begeben, die Schafe hüten und meditieren. Begeistert berichtete darüber die amerikanisehe Presse. Doch Ben-Gurions eigentlicher Beweggrund war ein anderer. Er hatte plötzlich gemerkt, dass er sich in seiner eigenen Regierung in der Minorität befand. Er hatte einen neuen kriegerischen Kurs gegenüber Ägypten durchsetzen wollen. Doch das Kabinett bestand in der Hauptsache aus Gemäßigten unter der Führung von Sharett, die den Ministerpräsidenten überstimmten. Ben-Gurion zog sich verärgert zurück und erwartete - nachdem das Kabinett ohne ihn erst einmal heillose Verwirrung angerichtet hätte -, bald wieder gerufen zu werden. Ben-Gurion gehörte zu den vielen Israelis, die glaubten, dass Ben-Gurion unentbehrlich sei.

Die Kette von Ereignissen, durch die sich Ben-Gurion veranlasst sah, eine aktivere Politik gegenüber Ägypten zu befürworten, hatte ein Jahr zuvor eingesetzt, als eine Gruppe junger Offiziere, von denen die meisten am Palästina-Krieg teilgenommen hatten, König Faruk stürzte. Sie wurden von dem ägyptischen General Mohammed Nagib angeführt, einem soliden Pfeifenraucher in mittleren Jahren. Ben-Gurion hat ihn anscheinend gemocht. Ja, er machte öffentlich das Angebot, selber nach Kairo zu fliegen, um über einen Frieden zwischen den beiden Ländern zu sprechen. Dieses Angebot wurde natürlich ignoriert. Kein arabischer Politiker hätte gewagt, Israel anzuerkennen, ehe nicht zumindest eine Lösung des Flüchtlingsproblems erzielt war. Während des darauffolgenden Jahres wurde allmählich deutlich, dass

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