nen Kreis von Eingeweihten sickerte durch, dass auf der höchsten politischen Ebene zahlreiche Intrigen ihr Unwesen trieben. In diesem Klima sah jede Nachricht schlimmer aus, als sie es wirklich war. Am 1. Mai hielt Henry Byroade erneut eine Rede. In einer Ansprache an den amerikanischen Council for Judaism, eine antizionistische jiidisch-amerikanische Minderheitsgruppc, die bei den Israelis verhasst war, führte er aus, dass Israel die Masseneinwanderung stoppen müsse, weil sie Angst und Furcht in der arabischen Welt erzeuge, und dass es eine Anzahl der arabischen Flüchtlinge repatriieren müsse. Byroade vertrat die Ansicht, dass Israel aufhören solle, sich als Brückenkopf des Weltjudentums zu verstehen, und sich in den Nahen Osten eingliedem müsse. Solche Ideen waren schon zuvor in Israel vertreten worden, und zwar von Ketzern wie mir. Doch im Munde eines amerikanischen Beamten hatten sie ein unheilvolles Gewicht; sie klangen nach einem Vorwand für den Abbruch des Bündnisses mit Israel. Dass Dulles die Rede vorher durchgesehen hatte, bekräftigte nur noch diese Annahme.

An diesem selben l.Mai meldete ein ägyptischer Minister dieVerhaftung ägyptischer Kommunisten. Andere offizielle ägyptische Fersönlichkeiten deuteten an, dass es durchaus möglich sei, dass sich Ägypten nach Räumung der Suez-Kanal-Basen durch die Briten einem westlichen Militärbündnis anschlösse. Die Verhandlungen wären wiederaufgenommen worden und näherten sich ihrem AbSchluss.

Um jene Zeit begann die Weltpresse Gerüchte zu veröffentlichen, dass die israelischen Aktivisten, mit Ben-Gurion, Lavon und Dajan, auf einen sofortigen Präventivkrieg gegen Ägypten drängten. Am 15.Mai erschien dieses Gerücht in der London Times; am 7. Juni wurde es von C. L. Sulzberger von The New York Times erneut gebracht. Während einer Parlamentsdebatte in der Knesset am 11. Mai prallten Gemäßigte und Aktivisten in aller Öffentlichkeit aufeinander. Ministerpräsident Sharett kritisierte die amerikanische Politik, warnte aber davor, sich einer antiamerikanischen Stimmung hinzugeben. Lavon dagegen vertrat eine extreme Position: "Wir müssen mit unseren Friedenserklärungen sparsam umgehen", erklärte er. "Die Eingliederung Israels in

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