Gruppe von Offizieren durch das Löwentor von Alt-Jerusalem schreitet. Unbewusst konzentrierte man sich als Zuschauer sofort auf die schwarze Augenbinde des Mannes in der Mitte. Im Sommer 1967
kannte jeder die Augenbinde und ihren Besitzer, ob sein Bild nun in einem unteren Ladenfenster in Manhattan hing oder auf dem Deckblatt einer Westberliner Illustrierten erschien. (Ben-Gurions weiße Haarfülle und Castros Bart sonderten ihre Träger in ähnlicher Weise aus.) Doch Dajan war nicht glücklich mit seiner Augenbinde.
Er hatte alles Recht, stolz auf sie zu sein, denn sie versinnbildlichte seinen langen Dienst an der Nation. Er wurde 1941 als VerbindungsOffizier zu den australischen Truppen verwundet, die im Zuge des Feldzuges der Briten und Freien Franzosen gegen das Vichy-Regime in Syrien in den Libanon vordrangen. Dajan und einige weitere Mitglieder der Haganab waren bei einem Vortrupp der australischen Armee, der Brücken undVorposten nahm und aushob. Nach der Einnähme eines Polizeigebäudes kletterte Dajan aufs Dach und betrachtete mit typischer Nonchalance die das Gebäude noch umlagernden Feinde durch seinen Feldstecher. Ein französischer Scharfschütze traf den Feldstecher, der in seine linke Augenhöhle hineingetrieben wurde und dort steckenblieb. Ein Kamerad versuchte, ihn zu entfernen, und machte die Wunde nur noch schlimmer; Dajan verlor keinen Augenblick das Bewusstsein. Viele Jahre lang suchte Dajan weltbekannte Spezialisten auf, die versuchten, ihm ein künstliches Auge einzupassen, was aber wegen der Wunde in der Augenhöhle nicht möglich war. Dajan leidete immer an der Verletzung: Wenn er die Augenbinde trug, drückt die warme Luft, die sich dahinter staut, auf die Wunde und reizte und schmerzte ihn. Daher legt er die Binde zu Hause und im Büro nicht an - und muss die instinktive Reaktion der Besucher, die ihn ohne sie sehen, ertragen.
So war die Augenbinde eine Konfliktquelle für Dajan. Er wusste sehr wohl, dass sie ihm von großem Wert in der Öffentlichkeit war, und er nutzte diesen Vorteil bedenkenlos. Trotzdem war er ihretwegen empfindlich, sehnte sich nach dem Augenblick, da er sie ablegen konnte, und hasste daher Versammlungen, Konferenzen, Vorträge kurz jede Art von Kontakt mit Menschen, durch den er gezwungen