fert. Einmal sagte er zu seiner Tochter: "Wenn ich mein Leben noch einmal zu leben hätte, würde ich keine Familie haben." Ein Psycholöge könnte dieses Verhalten auch anders interpretieren: Der ewige Jüngling, der zu sehr an seiner Mutter hängt, der sich selbst von jedem Kontakt mit den Menschen abschnitt und all seine Emotionen unterdrückte, ist auch nicht fähig, ein normales Familienleben zu führen. All seine Beziehungen zu Menschen, Männern oder Frauen, sind flüchtige Begegnungen, vielleicht das momentane Verlangen nach menschlicher Nähe und die sofortige Flucht davor.

Wie überall in der Welt, so gibt es auch in Israel viele Leute, die nach politischer Macht streben. Junge Politiker zeichnen sich häufig durch das brennende Verlangen aus, die Spitze so schnell wie möglich zu erreichen. Mindestens ein halbes Dutzend talentierter junger Männer - Ex-General Jigal Allon, Ex-Generalstabschef Professor Jigael Jadin, Ben-Gurions Protegé Shimon Peres, Außenminister Abba Eban, um nur einige zu nennen - würden gerne bald Ministerpräsident werden. Aber für keinen wurde dieser Wunsch so zum zentralen Motiv seines ganzen Daseins wie für Dajan. Darin liegt seine große Stärke; keiner gelangt in den Besitz der obersten Führungsposition, der nicht bereit ist, alles andere, alle anderen Interessen diesem einzigen Ziel zu opfern. Wer an vielen verschiedenen Dingen interessiert ist, über einen offenen Sinn und intellektuelle Neugier verfügt, dürfte es schwierig finden, mit einen! Mann zu konkurrieren, der mit all seinen Gedanken und Kräften einzig auf die Erlangung der Macht konzentriert ist.

Der erste, der diesen Zug an Dajan erkannte, war sein alter Mentor, General Jitzchak Sadeh, der legendäre Kommandeur der Palmach, einer Untergrundtruppe der Haganah; er hat die meisten der fähigsten Kommandeure der israelischen Armee ausgebildet. Kurz bevor er starb, sagte er zu mir: "Das ist der gefährlichste Mann in Israel. Man muss ihn ständig beobachten. Er hat keine Skrupel, keine Hemmungen, keine Moral. Er ist zu allem fähig." Um zu erläutern, was er meinte, erzählte mir Sadeh eine angenommene Geschichte: "Eines Tages wird Ben-Gurion alle Befehlshaber der Armee versammeln und ihnen mitteilen, dass Jitzchak Sadeh festgenommen werden muss. Er

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