sparsam mit dem Leben ihrer Soldaten umgehen. Es ist zum Klischee geworden, dass, wenn andere Offiziere befehlen "Vorwärts!", die israelischen Offiziere befehlen "Mir nach!". Doch dieses Klischee entspricht den Tatsachen - man denke nur an die unglaublich hohe Quote von gefallenen Offizieren. (Auf israelische Verhältnisse übertragen, wäre also "Marschall Vorwärts" "General Mir nach".)

Diese ganze Entwicklung entspringt einer Notwendigkeit. Vor

dreißig, vierzig Jahren, auf dem Höhepunkt der Siedlerbewegung, stand der Kibbuz im Mittelpunkt des nationalen Lebens. Er erregte überall in der Welt Bewunderung als einmalige und authentische Schöpfung des modernen hebräischen Genies. Die große Mehrheit unseres Volkes, die nicht in Kibbuzim lebte, meinte sich hierfür entschuldigen zu müssen und war fest davon überzeugt, den Kibbuz-Mitgliedern unterlegen zu sein.

Die Kibbuzim gibt es noch immer, aber ihre eigentliche Dynamik ist dahin. Sie haben schon lange keine Vorrangstellung mehr gegenüber Fabriken, Universitäten oder sogar Kunstschulen. Sie sind konservativ, puritanisch, leicht altmodisch.

Heute ist die Armee zum Mittelpunkt der Gesellschaft geworden. Sie ist Ausdruck des Nationalgenius. In ihr sammeln sich die Besten der Nation. Man spricht von ihr im Ton der Verehrung, wie in Spanien von der Kirche, in England vom Königtum, in Amerika von der großen Geschäftswelt. Selbst der abgedroschenste Politiker kann eine langweilige Rede lebendiger gestalten, wenn er unsere wundervolle Armee erwähnt - und tut es auch. Jeder kritisiert die Regierung, hasst die Parteien, spottet über die Zionistenorganisation und liebt die Armee.

Noch wichtiger ist, dass von der Armee der liberalste und gemäßigte Einfluss auf die israelische Politik kommt. Sie ist weit weniger chauvinistisch als die Regierung, die meisten Parteien und der größte Teil der Presse.*

* Im Jahre 1968 war die israelische Armee eine andere als heute. Damals, unmittelbar nach dem Krieg von 1967, beherrschte die öffentliche Diskussion in Israel das Buch Siach Lochamim (Soldatengespräche), welches ein Bild der israelischen Armee von damals für Jahre und Jahrzehnte geprägt hat. Sogar nach der Strafexpedition der israelischen Armee in Gaza im Winter 2008/2009

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