Einer enthält die zentrale Idee, auf die fast alle Juden ihre Anschauung von der Geschichte gründen: ״ln jeder Generation erheben sie sich gegen uns und töten uns."
Das bezieht sich nicht etwa auf eine besondere Zeit oder einen besonderen Ort. Es wird als ewige Wahrheit angesehen, die für alle Orte und alle Zeiten gilt. ״Sie" ist die gesamte Außenwelt, alle Nichtjuden überall. Kinder hören dies am Seder-Abend auf den Knien ihres Vaters, lange ehe sie lesen und schreiben können, und von da an hören und rezitieren sie es jahrzehntelang in jedem Jahr. Dieser Satz drückt die vollkommen bewusste oder unbewusste Überzeugung fast aller Juden aus, ganz gleich, ob sie in Los Angeles, Kalifornien oder in Lod in Israel leben. Er bestimmt sicherlich die Politik des Staates Israel.
Der zweite Satz, der den ersten ergänzt, ist ein Schrei zu Gott: ״Schütte deinen Grimm auf die Völker, die Dich nicht kennen, / und auf die Königreiche, die deinen Namen nicht anrufen, / denn sie haben Jakob gefressen und seine Stätte verwüstet!" (Psalter 79, 6-7)
Das Wort ״Völker" hat in diesem Text doppelte Bedeutung. Das hebräische Wort ist ״goyim", ein alt-hebräisches Wort für ״Völker". Sogar die Kinder Israels wurden gelegentlich ״Heiliger Goy" genannt. Aber im Laufe der Jahrhunderte hat das Wort eine andere Bedeutung angenommen und wird auf sehr abwertende Weise auf alle Nicht-Juden bezogen. (Wie in dem jiddischen Lied: ״Oy,Oy, Oy/ Betrunken ist der Goy.")
Um diesen Text angemessen zu verstehen, muss man daran
denken, dass er als Schrei aus dem Herzen eines wehrlosen, verfolgten Volkes kam, das keine Mittel hatte, sich an seinen Peinigern zu rächen. Damit die Feiernden ihren Geist am frohen Seder-Abend emporheben könnten, mussten sie ihr Ver¬