Daphni Leef, die alles in Gang gebracht hatte, rief zu einer Demonstration auf. Sie sammelte etwa 10 000 Leute um

sich, eine stattliche Anzahl, aber doch viel weniger als die Massen im letzten Jahr. Das hatte einen guten (oder schlechten) Grund: Am selben Tag und zur selben Stunde fand weniger als einen Kilometer entfernt eine weitere Demonstration statt. Sie hatte mit dem Dienst bei der Armee zu tun (mehr darüber später).

Am letzten Samstag rief Daphni abends zu einem weiteren Protest auf und wieder versammelten sich etwa 10 000. Warum waren es nicht mehr? Weil am selben Tag und zur selben Stunde eine andere Demonstration am Strand von Tel Aviv stattfand. Worin bestand der Unterschied zwischen beiden? Eigentlich in gar nichts. Beide behaupteten, die rechtmäßigen Nachfolger des Protests im letzten Jahr zu sein. Sie benutzten dieselben Slogans.

Im Allgemeinen halte ich nichts von Verschwörungstheorien. Aber diesmal fiel es mir schwer, mich des Verdachts zu erwehren, eine verborgene Hand wende die alte römische Maxime ״divide et impera", teile und herrsche, an. (Es sieht so aus, als ob der Spruch nicht wirklich von den Römern geprägt worden ist, sondern anscheinend vom französischen König Louis XI, der gesagt hat: "diviser pour régner".)

DER ERFOLG von Daphnis Demonstration am letzten Sams-

tag wurde durch ein Ereignis sichergestellt, das niemand hatte voraussehen können.

Als die Demonstration das Regierungsviertel von Tel Aviv erreichte (das ehemalige Dorf Sarona, das deutsche religiöse Siedler in der Mitte des 19. Jahrhunderts gegründet hatten), ereignete sich etwas Erschreckendes: Einer der Protestieren¬

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