SEIT MEINEM Besuch in Ramallah sind die Demonstrati-
onen dort intensiver geworden. Fayyad dient anscheinend als eine Art Blitzableiter für Abbas.
Ich finde nicht, dass das gerecht ist. Fayyad scheint ein anständiger Mensch zu sein. Er ist von Beruf Wirtschaftswissenschaftler, ein früherer Beamter des Internationalen Währungsfonds. Er ist kein Politiker, nicht einmal Mitglied der Fatah. Sein wirtschaftswissenschaftlicher Standpunkt mag konservativ sein, aber ich denke nicht, dass das in der Situation Palästinas viel ausmacht.
Früher oder später, und wahrscheinlich eher früher als später, wird der Zorn der palästinensischen Armen seine Richtung ändem. Statt sich gegen die Palästinensische Behörde zu wenden, wird er sich gegen den wirklichen Unterdrücker, die Besetzung, wenden.
Die israelische Regierung ist sich dieser Möglichkeit bewusst und deshalb beeilt sie sich, der PA eine Vorauszahlung auf die Steuergelder zu zahlen, die Israel der PA schuldet. Im anderen Fall wäre die PA - bei Weitem der größte Arbeitgeber in der Westbank - am Ende dieses Monats nicht in der Lage, die Gehälter zu zahlen. Aber das ist nur eine Behelfsmaßnahme.
Benjamin Netanyahu mag immer noch an der Illusion festhalten, an der palästinensischen Front sei alles ruhig, sodass er sich auf seine Bemühungen, Mitt Romney gewählt zu bekommen und den Iran zu erschrecken, konzentrieren könne. Schließlich ist ja alles in Ordnung, wenn Palästinenser gegen Palästinenser protestieren! Der israelisch-palästinensische Konflikt ist eingefroren. Kein Problem!
Aber diese Illusion ist nun einmal eine Illusion. In unserem Konflikt ist nichts jemals eingefroren.